Die Neufassung eines allzu gut bekannten Ereignisses der Weltgeschichte, der Boston Tea Party, gelang unserer Mitschülerin Ülker, allerdings volkommen unbeabsichtigt. Beim eigentlichen Ereignis des gleichen Namens im Jahre 1773 am 16. Dezember. An diesem Tag drangen symbolisch als Indianer verkleidete Bostoner Bürger in den Hafen ein und warfen drei Ladungen Tee (342 Kisten) der britischen East India Company von dort vor Anker liegenden Schiffen ins Hafenbecken. Wer die verkleideten Aktiven tatsächlich waren, lässt sich kaum mehr rekonstruieren, doch bildeten sie wohl ein breites Spektrum der Bostoner Gesellschaft ab, auch einige Bauern aus den umliegenden Dörfern waren vermutlich unter ihnen. Die Boston Tea Party bildete den Höhepunkt eines lange schwelenden Streits zwischen den 13 nordamerikanischen Kolonien und dem Mutterland Großbritannien. Sagen wir mal, der Anfang vom Ende des Kolonialismus.
Unsere liebe Englisch-Lehrerin, damals sogar mit "Fräulein" tituliert, wie es sich für deutsche Lehrerinnen ziemte, erzählte uns in allen Stunden einer Woche über dieses Ereignis. Wir hätten eigentlich merken müssen, dass das lange Ende noch kommt. Es kam auch. Das Fräulein kam am Montag fröhlich in die Klasse und bat zur Klausur. Wir sollten die hochbrisanten historischen Ereignisse jenseits des Großen Teichs selbst interpretieren. Oder historisch korrekt wiedergeben.
Zwei Wochen später, wieder am Montag, erschien unsere Lehrerin mit einem breiten Lachen, so breit, dass sie hätte zwei Zigarren rauchen und nebenbei noch sprechen können. Danach holte sie das denkwürdige Dokument hervor und rezitierte daraus. Ülker war die ganze Woche über krank gewesen und hatte die Story mit der Bostan Tea Party verpasst. Als der Befehl kam, einen Aufsatz zu schreiben, hatte sie sich nicht getraut zu fragen, was sich hinter dieser Tea Party wohl verstecken mag. So hatte sie einen Tanztee dargestellt, zu dem sie halt ein Motto erfunden hatte. Bostoner Hafen.
Ich weiß nicht, was der hochverehrte Präsident Trump zu der Kreation twittern würde. Für unsere Klasse war das ein Highlight.
ahmet 1963