Wie viel Geduld müssen Lehrer aufbringen?

Natürlich haben wir Schüler immer und alles richtig gemacht. Nur sind die Lehrer nicht immer in der Lage, das zu erkennen. Na, ja! Eine Nummer, die auch heute viele Lehrer die Palme hoch jagen würde, fiel uns nach einem Besuch in einem Nachtclub mit Suzan Hanım ein. Sie hatte uns standesgemäß ausgeführt, und am Ende landeten wir in einem Nachtclub. An den Namen erinnere ich mich nicht mehr, aber an den Klang des Saxophons.

Bereits der Zugang in den Club gestaltete sich schwierig, weil wir in Räuberzivil von einem Spaziergang in der Natur gekommen waren. Der Vorfahre des heutigen Disco-Drachen guckte uns prüfend an und deutete in Richtung Horizont. Solch ein Volk wollte er nicht einlassen. Suzan Hanım fragte ihn, was ihm denn nicht gefiele. Einer solch energischen Dame kommt man nicht mit halben Argumenten wie unordentlich aussehen oder so. Der Zerberus zeigte in Richtung unserer Kragen, an denen die Krawatte fehlte. Suzan Hanım wollte ihn überreden und sagte, es sei sowieso so warm drinnen. Wir würden die Krawatten eh ablegen. Der Tordrache schüttelte den Kopf- Njet!

Da ging Suzan Hanım in das Lokal hinein und holte zwei Krawatten von anderen Gästen. Sie schleuste uns immer paarweise in den Club. So löst man Probleme!

Als der Abend zu Ende war und für uns 17-Jährige Zapfenstreich, verließen wir den Laden und verabschiedeten uns von ihr. Allerdings waren wir so aufgekratzt, dass wir nicht nach Hause wollten. Wohin denn jetzt? Da fiel Savaş ein, dass einer unserer Lehrer gar nicht weit von dem Ort wohnte. Ich glaube, es handelte sich um unseren Deutschlehrer Hochhut.

Etwa zu zehnt pilgerten wir Richtung Maçka und fanden tatsächlich das Haus, in dem der Lehrer wohnte.

Die ungebetenen Gäste wurden sehr wohlwollend empfangen, obwohl man bestimmt nicht unangemeldet gegen Mitternacht beim Lehrer aufkreuzt. Vor allem nicht in der Türkei der 1950er Jahre. Aber unser Lehrer war nicht allein, er wohnte mit einem anderen Lehrer zusammen. Mir fiel sofort auf, was anders war als in türkischen Wohnungen. Hier standen gebrauchte, ich meine geleerte, Weinflaschen auf dem Tisch und hatten eine Kerze drauf. Bei uns waren Kerzen sonst bei Stromsperren üblich. Und Weinflaschen in einem türkischen Haushalt? Gibt´s nich!

Spät nach Mitternacht verabschiedeten wir uns ganz herzlich und gingen diesmal wirklich nach Hause. Allerdings sagten die beiden Lehrer ganz amtlich, wir müssten um 8.00 früh wie eine Eins im Klassenzimmer antreten. Wer feiern kann, der …

Die Sache gefiel uns so gut, dass später mehrere Lehrer dem gleichen Scherz zum Opfer fielen, ich meine, ein Abend von ihnen. Nie ist es passiert, dass uns nicht aufgemacht wurde. Nie wurde uns gesagt, das reicht aber jetzt!

Ob Lehrer von heute so viel Geduld mit frechen Gören aufbringen würden?